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Schwindel bei Webhostern

9 Cent und unlimitierter Traffic? Ja, sowas gibt es. Aber nur für einige Monate und schon ist der Hoster verschwunden. Leidtragende sind dabei jene Kunden, die glauben, das ganze Internet wäre kostenlos und lieber Geld für Zeitschriften ausgeben, in denen sie Berichte über "schlechte" Hoster lesen können, ohne darauf zu achten, wie "gut" eigentlich der eigene Anbieter ist. Eine wahre Begebenheit verdeutlicht dieses Trauerspiel.

Februar 2002
Mit einem verblüffendem Angebot stellt sich www.New-World-Internet.de (NWI) vor. Sitz des Unternehmens ist Essen. Das Angebot: 100MB Webspace, eine Domain, 20 Subdomains, 30 Pop3, Webmail, WebFTP, Confixx, unlimitierter Traffic, Cronjobs, phpMyAdmin, MySQL, eigene CGIs, 99% Verfügbarkeit - das ganze für 3,99 Euro.

Potenzielle Kunden schauen nach dem Preis und selten, wer hinter einem Angebot steckt. Dass der Anbieter selbst, ein gewisser Sven S., sich zwei Wochen später in eigener Sache nach einem Praktikumsplatz erkundigt und dabei erwähnt, dass er 18 Jahre alt ist, lässt den Schluss zu, bei NWI handele es sich um einen sogenannten "Wohnzimmerprovider".

Wurde Webhosting ursprünglich nur von "großen" Unternehmen angeboten, ermöglichen es die zahlreichen Reseller-Angebote seit geraumer Zeit, selbst als Hoster auftreten zu können. Zwar spielt es grundsätzlich für die Qualität des angebotenen Hostings keine Rolle, ob die Geschäfte des Anbieters vom Wohnzimmer aus abgewickelt werden oder welches Alter der Betreffende hat, scheinbar ist es in diesem Fall aber anders: "Es lief alles und lag nicht an der Masse der User, das ganze war gut geplant. Aber es gab eben ein paar User die über die Stränge geschlagen sind [..] und das hat uns das Genick gebrochen", so Sven S. In Sachen unlimitierter Traffic geläutert? Mitnichten!

Juli 2002
Ein Webhoster plant aus dem Hosting-Geschäft auszusteigen. Seine 400 Kunden bietet er Mitbewerbern zur Übernahme an. Kontaktaufnahme bitte per Mail an eine GMX-Adresse, denn sowas will ja diskret abgewickelt werden: "Sollten Sie interesse an einer übernahme haben so schreiben Sie bitte mit Angabe einer "Übergabesumme" an folgende Adresse:..."

August 2002
Mit einem verblüffendem Angebot stellt sich www.iavoo.de vor. Sitz des Unternehmens ist Essen. Vorstand: u.a. Sven S., Vertrieb Gordon G., Support Sabrina B. Das Unternehmen stellte irgendwann den Betrieb ein.

Januar 2003
Mit einem verblüffendem Angebot stellt sich www.delta-hosting.com vor. Sitz des Unternehmens ist ...? Richtig! In Essen, die Domain ist registriert auf einen Gordon G., vormals verantwortlich für den Vertrieb bei Iavoo. Unter seiner Mailadresse wurden im Juli 2002 die Angebote für die Übernahme der 400 Kunden eingeholt. Doch plötzlich wird die Domain auf eine andere URL geleitet - auf die der Vanoo GmbH, doch dazu mehr im nächsten Kapitel.

Februar 2003
Mit einem verblüffendem Angebot stellt sich www.vanoo.de vor. Sitz des Unternehmens ist immer noch Essen, in Foren kann man als Userdaten den Namen Sabrina B. lesen, die bei Iavoo Supportleiterin war und unter deren Privatanschrift die Firma NWI beheimatet war. Doch ihren früheren Chef will sie nicht mehr kennen "Wer bitte ist S.S.?". Das Angebot diesmal: 5MB Webspace, 1 GB Traffic, 10 Subdomains, MySQL, PHP, Frontpage - das ganze für 0,08 EUR/Monat zzgl 14,99€ Einrichtung. Vor allem die Website war interessant, enthielt sie doch die teilweise die gleichen Texte und Bilder wie NWI. Doch auch dieses Unternehmen war irgendwann kommentarlos verschwunden.

März 2003
Mit einem verblüffendem Angebot stellt sich unter www.webspace-gigant.de vor. Sitz des Unternehmens: die Wohnung der Iavoo-Support-Leiterin Sabrina B. in Essen, Geschäftsführer ein gewisser Sven S. 5 MB Webspace, PHP, MySQL, Frontpage usw., 5x POP3, 5 Subdomains, und einiges mehr für nur 9cent im Monat. Zwar kommen noch 14,99 EUR Einrichtung hinzu und auch bei einer Kündigung wird eine Gebühr von 15 Euro fällig, aber für den Kunden sind die monatlichen Kosten das Hauptargument. Nicht alle denken bei einer Bestellung an die Kündigungsmodalitäten. Doch die Rechnung geht offenbar nicht auf. Kaum wird das Produkt vorgestellt, spekuliert man in Foren, wie das Angebot machbar wäre: "Wie das finanzierbar ist? Ganz einfach: Sie kassieren die hohen Einrichtungsgebühren und sobald sie genug eingenommen haben, lösen sie die Firma auf und hauen ab."

Mai 2003
Mit einem verblüfftem Gesicht stellen die Kunden von Webspace-Gigant fest, dass sich unter der URL nunmehr ein anderes Unternehmen präsentiert. "Die Firma Webspacegigant wurde am 22.05.2003 von der Firma Extrem Web Onlinedienste übernommen" ist nun auf der Website zu lesen, bevor eine Umleitung in ein Onlineforum erfolgt, in dem Fragen zu der Übernahme gestellt werden können. Für gewöhnlich bedeutet eine Übernahme, dass auch alle Verpflichtungen des Vorgängers übernommen werden. Ob und in welchem Umfang dies geschehen wird, bleibt abzuwarten. Ebenso, zu welchem Zeitpunkt sich der nächste Wohnzimmerprovider mit einem verblüffendem Angebot vorstellt.

Und solange es Portale gibt, die diesen Anbietern auch das Siegel "geprüfter Hoster" verleihen und solange Kunden vornehmlich mehr auf den Preis als auf die Leistungen achten, wird sich bei diesem Drama wohl nichts ändern. Bis auf die Namen.

 
ID: 124
eingestellt am: 29.05.2003
Autor: IG4 Internetuser
Status zum lesen: Gast
gelesen: 5513
Webseite: www.dreamcodes.com
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